Neue Umgebung, neue Herausforderungen, neuer Lebensabschnitt: jedem angehenden Studenten sind diese Dinge vertraut. Vor einem halben Jahr musste auch ich daran glauben, denn mir stand der Umzug nach München unmittelbar bevor.
Die Vorbereitungen
Wie manch´ frischer Abiturient, freute ich mich riesig darauf, meinen neuen Lebensabschnitt zu beginnen und hielt nach Studiengängen Ausschau. Da ich das vermutlich größte Papa-Kind bin, bestand ich darauf, zumindest während meiner ersten Semester noch zu Hause zu bleiben, der Auszug könne auf sich warten lassen. Ich habe mich zwar an verschiedenen Unis beworben, Plan A (B, C und D) war aber immer Erlangen, damit ich noch schön gemütlich pendeln kann. Wie es dann das Schicksal wollte, wurde ich ebenfalls in München zugelassen. Noch nie zuvor hatte ich mit dem Gedanken gespielt, in solch eine Großstadt zu ziehen. München fand ich schon immer wunderschön, aber die Stadt schien mir so unerreichbar und viel zu weit weg von der Heimat. Nicht nur der Ort, sondern der Studiengang haben mir einfach von Anfang an zugesagt. In mir drin immer noch fest entschlossen, zu Hause zu bleiben, wusste ich, dass dies nicht die richtige Entscheidung wäre. Immer öfter dachte ich daran, wie sehr ich es bereuen würde, nicht aus meiner Komfortzone gegangen zu sein, nur, weil ich mich nicht getraut habe. Mein Papa unterstützte mich bei dieser Entscheidung und sagte: „Tief in dir drin hast du dich schon längst entschieden; da gibt es nichts mehr zu Überlegen.“ Und das habe ich definitiv. Das Gemütliche dem Richtigen vorzuziehen, hätte mich langfristig nicht glücklich gemacht.
Die Wohnungssuche gestaltete sich schwieriger, als alles andere. Es ist ein weit verbreiteter Fakt, dass die Nachfrage nach Wohnraum in München unglaublich hoch- das Angebot hingegen sehr begrenzt ist. Die ohnehin schon verzweifelte Situation der Suchenden wird durch Betrüger nur noch mehr erschwert- beinahe wäre ich einer solchen Betrugsmasche zum Opfer gefallen. Hartnäckig bleiben ist das A und O! Es hat viele Nerven gekostet, dennoch kam auf die zahlreichen Nachfragen und Bewerbungen eine erfreuliche Antwort: ein freies Appartment in einem privaten Studentenwohnheim! Nach der geglückten Besichtigung musste alles schnell gehen: Listen schreiben, viele Besuche im schwedischen Möbelhaus und letztendlich der Umzug. Im Grunde ging diese Zeit so schnell vorbei, dass ich kaum glauben konnte, mich in absehbarer Zeit von meinem Kinderzimmer verabschieden zu müssen und nur noch als `Gast` an den Wochenenden nach Hause zu kommen.
Die ersten Wochen
Nach einem tränenreichen Abschied saß ich schon im Zug auf dem Weg zu meiner neuen Wohnung, zu meinem neuen Leben, 200km von zu Hause entfernt. Ich kannte anfangs noch niemanden in München und musste somit sehr viel selbstständiger, organisierter und vorsichtiger handeln, als je zuvor. In den ersten Wochen lernte ich die Stadt kennen, inklusive U-Bahn System und Einkaufsmöglichkeiten in meiner Gegend. Ich lernte auch neue Gesichter kennen, von denen ich mittlerweile ganz viele meine Freunde nennen darf. Es war aber nicht alles einfach und schön; abends, als ich alleine in meiner Wohnung saß, fühlte ich mich oft allein und hatte Heimweh, trotz täglicher Skype-Sessions mit der Familie. Das ist auch ganz natürlich, denn man muss sich an sein neues Umfeld gewöhnen; und das dauert eben seine Zeit.
Das Studium
Um mal den eigentlichen Grund meines Umzugs vorzustellen, komme ich zu meinem Studium. Mein Studiengang nennt sich Pharmaceutical Sciences, ist also verwandt mit der Pharmazie und beschäftigt sich mit pharmazeutischer Forschung. Als ich am ersten Tag am Campus für Chemie und Pharmazie der LMU ankam, wusste ich, dass ich es lieben werde. Angesichts der vielen Gebäude und Hörsäle hat es etwas gedauert, bis ich mich zurechtfand, aber ich wurde immer besser darin. Die Vorlesungen fand ich total faszinierend: es gibt einen Kameramann, der auf die seitlichen Leinwände die Tafel in groß projiziert, damit man auch hinten alles mühelos erkennen kann. Der Professor hat ein Mikrofon und ein extra Assistent wischt die Tafel. Es werden live Experimente durchgeführt! Alles super neu für mich. Auch die Praktika im Labor zählen zu meinen Highlights des ersten Semesters: Gemeinsam mit unserem Laborpartner durften wir selbstständig Experimente durchführen und sie schließlich protokollieren. Im Biologie Grundlagenpraktikum wurden uns Kerbszellen bereitgestellt, die wir über mehrere Tage hinweg züchten sollten. Wir isolierten unsere eigene DNA. Das Arbeiten im Labor hat mir von Anfang an viel Freude bereitet, trotz der langen Nachbearbeitung. Mit der Zeit fiel mir auf, dass das Lernen an der Uni auf einem ganz anderen Niveau stattfindet, als ich es bisher gewohnt war. Die Vorbereitung auf eine Uni-Klausur hat sich als wesentlich zeitintensiver herausgestellt. Dennoch blieb ich motiviert, lernte ganz fleißig und bestand die Klausuren des 1. Semesters. Rückblickend würde ich meine anfängliche Herangehensweise als chaotisch bezeichnen; vorwerfen würde ich mir das aber auf keinen Fall, schließlich war für mich alles neu und ich habe es trotzdem gemeistert. Jetzt, wo die `Eingewöhnungsphase` vorbei ist, bin ich viel vertrauter mit dem richtigen Lernen und der mehr als nötigen Zeiteinteilung.
War es die richtige Wahl?
Ob ich die richtige Wahl getroffen habe? Auf jeden Fall! Mein Studiengang passt wahnsinnig gut zu meinen Interessen und bereitet mich auf meinen Traum vor, an neuen Medikamenten forschen zu können. Während des ersten Semesters musste ich wochenlang teilweise bis 6 Uhr am Abend im Labor stehen, was für viele sicherlich ein No-Go wäre. Man muss die Wahl für sich selbst als angenehm und richtig empfinden, was ich auf jeden Fall von mir behaupten kann. Ich liebe diese Stadt und meine neuen Freunde; mein Heimweh ist von Tag zu Tag verblasst, ich habe sogar bitterlich geweint, als ich für die Semesterferien nach Hause gefahren bin. Es ist so befreiend, in den Lernpausen mal kurz für einen kleinen Spaziergang zum Schloss Nymphenburg zu fahren oder an der Isar entlangzuspazieren. Ich bin sehr zufrieden und habe die Entscheidung, nach München gezogen zu sein keineswegs bereut. Ich freue mich sehr auf die kommende Zeit!
Xx, Lili
Ein sehr schöner Post! Deine Art zu schreiben gefällt mir total! Kann weitere Posts kaum abwarten. Weiter so 🙂