Als ich meinen Antrag für ein Auslandssemester mit Erasmus abgegeben habe, hätte ich nie gedacht, wie wunderschön meine Zeit in Schweden wirklich werden könnte. Ich hätte ebenfalls nie gedacht, dass sich mein Aufenthalt über ein ganzes Jahr erstrecken würde und ich meine Masterarbeit doch nicht wie geplant in München absolvieren würde. Ich hätte nie gedacht, dass ich Freunde fürs Leben finden würde. Aber so ist es gekommen und ich bin mehr als nur dankbar über meine Entscheidung, während meines Studiums ins Ausland zu gehen und über die Möglichkeiten, die ich bekommen habe, da sie absolut nicht selbstverständlich sind.

 

Wie alles begann…

Ich informierte mich natürlich im Vorhinein, welche Uni für mich überhaupt infrage käme. Unsere Fakultät hat eine Liste mit all den Erasmus-Partneruniversitäten, die ich erstmal von oben nach unten durch-recherchiert habe. Wie gut ist die Lehre an der jeweiligen Uni? Ist es eine Bereicherung für meine akademische Laufbahn, ein Semester an Uni XY zu absolvieren? Wie sieht es mit Wohnraum aus? Bekommt man einen Wohnplatz garantiert? Nach langem Abwägen mit Hilfe von Pro- und Contra-Listen stand Uppsala für mich auf Platz 1 und ich fing an, meine Antrags-Dokumente auszufüllen. Die Bürokratie ist hier noch recht überschaubar, aber schonmal vorab: Es ist insgesamt ein organisatorischer Albtraum.

Als ich in April endlich meine Zusage bekam, erhielt ich eine Mail, in der Stand, dass ich innerhalb von 2 Tagen meine Kurse auswählen soll. Als jemand, der ein Forschungspraktikum machen möchte und mit einer Forschungsgruppe Kontakt aufnehmen muss, bevor sie sich für irgendetwas anmeldet, hatte ich da, wie ihr euch wahrscheinlich denken könnt, ein paar stressige Wochen. Letztendlich ist alles gut gegangen; ich fand eine wahnsinnig kompetente Forschungsgruppe im Bereich Diabetes Typ 1 und hatte mich mit ihnen auf ein Projekt geeinigt. Mein Praktikum ging von Oktober bis Februar und kurz vor Ende des Jahres wurde mir ein Projekt für meine Masterarbeit angeboten. Insgeheim war ich natürlich überglücklich und wollte sofort zusagen, musste aber natürlich erst die Rahmenbedingungen klären und sicherstellen, dass es von Seiten der LMU auch in Ordnung ist. Nach weiteren Wochen voller bürokratischer Achterbahnen hatte ich dann Anfang Januar endlich die Gewissheit: Ich bleibe ein weiteres Semester in Schweden!

 

Die Universität

Schwedens erste Universität wurde 1477 in Uppsala gegründet. Ein großer Fokus der Uni ist wissenschaftliche Forschung, weshalb ich mich für sie entschieden habe. In internationalen Rankings ist Uppsala immer vorne mit dabei, wenn es um Research Impact geht. Nachhaltigkeit wird hier auch großgeschrieben, im internationalen Ranking belegt die Uni den 11. Platz. Über 50.000 Studenten studieren hier, mit einem großen Anteil an internationalen Studenten. Viele Masterkurse werden in englischer Sprache unterrichtet, was das Studieren für Studenten aus aller Welt leichter macht.

Das Studentenleben

Das Studentenleben hier in Uppsala ist wirklich einzigartig. Es ist immer etwas los, dank der Studentenverbindungen, auch Nations genannt, 13 an der Zahl. Die Nations wurden von hunderten von Jahren gegründet und waren ursprünglich dafür gedacht, dass sich Studenten aus ganz Schweden wie zu Hause fühlen konnten, auch wenn sie weit weg von ihrer Heimat waren. Die Nations sind nach unterschiedlichen Teilen Schweden benannt und man war eben Teil der Nation, die zu der jeweiligen Region des Landes gehörte. Heutzutage können Studenten aus aller Welt Teil einer (oder zwei) beliebigen Nation sein, je nach Präferenzen für Aktivitäten, Musik oder Gruppendynamik. Jede Nation hat unterschiedliches zu bieten: manche haben ihre berühmten Clubs, in die Nation-Mitglieder kostenlosen Eintritt bekommen; manche bieten jeden Sonntag ein Brunch-Büffet an; wieder andere haben eigene Orchester. Je nachdem, was ein Student in seiner Freizeit unternehmen möchte, kann er sich für eine Nation entscheiden. Ganz so wichtig, in welcher Nation man ist, ist es allerdings gar nicht – denn mit einer Nationcard hat man Zutritt zu allen Nations. Als Student profitiert man wahnsinnig davon, dass die Nations sehr studentenfreundliche Preise haben – ganz im Gegenteil zu gewöhnlichen Restaurants und Pubs der Stadt (und in ganz Schweden). Am liebsten gehe ich zur Jazz Night bei Uplands jeden letzten Freitag im Monat oder zu Karaoke bei Göteborgs jeden Donnerstag.

Die Nations bieten ihren Mitgliedern auch die Möglichkeit zum Wohnen an; diese Wohnungen sind meistens sehr begehrt, weil sie sehr günstig sind.

Außerdem kann man bei den Nations auch arbeiten – denn alle Nations haben eigene Pubs, Restaurants und Cafés. Hier kann man andere Mitglieder der Nation kennenlernen und Freundschaften schließen.

Die Wohnsituation

Uppsala ist sehr gut aufgestellt, was Wohnraum für Studenten angeht. Allen Erasmus-Studenten wird ein Platz in einem Wohnheim garantiert. Das Uppsala Housing Office hat verschiedene Wohnhäuser überall in der Stadt. Ich bin in Rackarbergsgatan untergekommen und war mehr als glücklich darüber. Ich teile mir die Küche und das Bad mit 4 anderen Studenten, die sich mittlerweile wie eine kleine Familie anfühlen. Die Atmosphäre ist super, man kocht zusammen, geht zusammen spazieren und teilt zusammen den Frust über das immer kalte Wetter. Die Küchen in Rackarbergsgatan sind sauber und die Apartments gut ausgestattet.

 

Warum Uppsala?

Die Lage der Stadt ist einfach perfekt. Stockholm ist in nur 40 Minuten mit dem Zug zu erreichen, wenn man etwas in der Großstadt unternehmen möchte. Gleichzeitig hat Uppsala die perfekte Größe, nicht zu klein, nicht zu groß. Man verliert sich nicht im Stadt-Getümmel, man fühlt sich aber auch nicht, als wäre man in einem langweiligen Dorf, in dem nie etwas passiert. Neben dem treibenden Studentenleben ist man auch innerhalb von ein paar Gehminuten in der Natur, bei einem wunderschönen See oder mitten in einem Naturschutzgebiet. Im Winter gehen hier die Menschen gerne auf gefrorenen Seen Eislaufen, im Sommer in den Seen schwimmen, und allgemein in der Natur spazieren. Uppsala hat einfach einen einzigartigen Charme. Die große Kathedrale, das Schloss und der botanische Garten sind nur ein paar Sehenswürdigkeiten, die diese kleine Stadt schmücken.

Wie geht es weiter?

Nachdem mein Forschungspraktikum Ende Februar abgeschlossen war, habe ich Anfang März mit dem finalen Projekt meines Studiums angefangen: die Masterarbeit. Bis Ende Juli werde ich hierfür Experimente im Labor durchführen und die Arbeit dann anschließend in Deutschland verfassen. Ich freue mich wahnsinnig auf den Frühling hier in Schweden, auch wenn es sich Ende März noch sehr nach Winter anfühlt. Ich bin schon sehr gespannt auf Valborg und Midsommar, die beiden größeren Feste des schwedischen Frühlings und Sommers. Auf 4 weitere schöne Monate!

Xx Lili